ars liturgica – Fastentuch

ars liturgica – Fastentuch 2012/2013

Der Wettbewerb ars liturgica 2012 wurde vom Kunstverein im Bistum Essen e. V. in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Liturgischen Institut, Trier für die Gestaltung eines Fastentuches ausgeschrieben.
Claudia Merx erhielt den 1. Preis und wurde mit der Realisierung ihres Entwurfs beauftragt.

Das Fastentuch ist für die Kirche Heilig Kreuz in Gladbeck-Butendorf bestimmt und soll dort jedes Jahr in der 40tägigen Vorbereitungszeit auf Ostern aufgehängt werden. Die etwa 1000jährige liturgische Tradition sieht vor, den Altar oder den Chorbereich einer Kirche zu verhängen und den Blicken der Gemeinde zu entziehen. In der Realisierung geht es darum, dem Betrachter neue Perspektiven aufgrund des Eingriffs in den Kirchenraum zu eröffnen: Vertrautes soll fremd, Gewohntes anders erfahren werden. Wesentliches soll in den Blick kommen.

 

Zitat aus dem Katalog „ars liturgica – Gestaltung eines Fastentuches“

In ihrer Arbeit geht Claudia Merx vom Motiv der Hülle aus und spielt damit bereits vor aller ästhetischen Wahrnehmung auf der semantischen Ebene mit Vorstellungen von Verhüllen, Umhüllen und Enthüllen. Tatsächlich ist das Fastentuch als Hülle wie ein sich verjüngender Schlauch konzipiert und ist damit eine Skulptur, die als hängendes Objekt in die ambivalente Struktur des Kirchenraumes eingreift….
Bei näherer Betrachtung wird allerdings die besondere Qualität des Materials erkennbar, denn es ist immer noch lichtdurchlässig. Sein Verhältnis zum Raum und die helle, weiß-beige Farbe des Leinens erzeugen einen Eindruck der Erhabenheit bei aller Reduktion von Form und Farbe….
Assoziationen an ein Leichentuch oder auch an einen leeren Kokon deuten Nutzungsmöglichkeiten an, die mit Umhüllungen zu tun haben. Als abgelegte Hülle lässt sie sich schließlich auch als Relikt eines früheren Geschehens verstehen, das jetzt eine neue Realität enthüllt hat….
Als dreidimensionaler Körper erscheint die spiralförmig angelegte Tuchskulptur wie ein langgestreckter Trichter, der sich ins Unendliche fortsetzen ließe, theoretisch sogar in beide Richtungen, in die Weite nach außen und in die Mitte nach innen, ohne das gezeigt würde, dass ein denkbares Ziel erreicht wird. Der Spiralausschnitt, der scheinbar um eine leere Mitte angeordnet ist, hat durch die aneinandergenähten Streifen zwar Anfang und Ende, verweist aber weit über sich hinaus und macht die Tuchskulptur zu einem „offenen“ Werk.

Daten zum Fastentuch

Material: 100% Leinen, gebleicht, 94 g/m²
Technik: Näharbeit aus Stoffstreifen, sich verjüngend zu einem Schlauch vernäht
Maße: Höhe 670 cm, Überschlag 460 cm, Breite oben 250 cm, mittig 300 cm, unten 150 cm
Edelstahlstab: Durchmesser 6 cm
Installation: Die Hängung erfolgt auf ca. 8 m Raumhöhe über einen Edelstahlstab, der an zwei Stahlseilen befestigt ist. Diese sind als Hakenaufhängung in der Bogenrückwand des Chorraumes angebracht.
Idee/Entwurf: 2012

Zum Wettbewerb wurde vom Kunstverein im Bistum Essen e. V. ein Katalog herausgegeben.

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